Insbesondere die krachende Insolvenz des britischen Baudienstleisters Carillion PLC haben die Diskussion in Gang gebracht. Der harte Vorwurf an den Berufsstand lautet, dass letztlich alle großen Prüfungsgesellschaften involviert waren und erhebliche Gebühren berechnet haben – es aber letztlich zu keinen durchgreifenden Besserungen oder frühzeitigen Warnungen an alle relevanten Stakeholder dieses Unternehmens gekommen ist. Besonders belastend ist die Tatsache, dass Carillion ein sehr bedeutender Baudienstleister und Lieferant der Öffentlichen Hand war. Vor diesem Hintergrund ist auch die englische Regulierungsbehörde FRC in den Fokus der Kritik geraten mit entsprechenden Änderungskonsequenzen.
Zusammenfassend kann man die aktuelle Lage dahingehend kennzeichnen, dass derzeit ein Höchstmaß öffentlichen Misstrauens gegenüber der Wirtschaft und in ihr tätigen Personen besteht, die Abschlussprüfer sind besonders im Fokus. Die verschiedenen Steuerskandale von Lux Leaks über Panama- und Paradise Papers haben ein Übriges dazu getan.
Die Wahrnehmung der Bilanzskandale äußert sich in einer Kombination von Einschätzung und Überzeugung einerseits sowie Realität andererseits. Fakt ist, dass einige wenige negative Vorkommnisse nun wiederum eine ganze Branche in Verruf bringen. Über die Anzahl hunderttausender korrekt abgewickelter Abschlussprüfungen und zutreffender Bestätigungsvermerke in Europa redet derzeit keiner. Vielmehr sieht sich die Branche genötigt, erneut Vorschläge zur Überwindung insbesondere der Erwartungslücke im Prüfungswesen zu machen. Im Prinzip geht es hierbei um die weitere Stärkung der Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, aber auch vorrangig um die Steigerung der Prüfungsqualität.
Ohne auf die einzelnen Vorschläge einzugehen, sei im Folgenden lediglich der Vorschlag der sogenannten AUDIT ONLY FIRMS besprochen. Aus England kommt der Vorschlag einer strikten Trennung von Prüfung und Beratung, dies jedoch nicht in der Funktion, sondern bereits in der Zulassung bzw. Lizenz der Prüfungsfirmen und –praxen: sog. AUDIT ONLY FIRMS.
Es sollen also Prüfungsgesellschaften etabliert werden, die nur und ausschließlich gesetzliche oder freiwillige Jahresabschlussprüfungen und keinerlei andere Dienstleistungen anbieten dürfen.
Ein solcher Ansatz ist strikt zu unterscheiden von einer gegebenenfalls auch harten Trennung von Prüfung und Beratung im identischen Mandat. Demnach darf der Abschlussprüfer im geprüften Mandat keinerlei weitere Dienstleistungen erbringen.
Bereits die letzte Abschlussprüfer-Regulierung vom 16.06.2014 enthält im Kern eine solche Trennung von Prüfung und Beratung. Wenn man ehrlich ist, wird man das Konzept von verbotenen Nicht-Prüfungsleistungen einerseits und andererseits doch zulässigen Beratungsleistungen insbesondere im steuerlichen Bereich in Frage stellen müssen.
Quellen:
1 Siehe dazu: BDO merger to challenge big auditors, The Sunday Times, 25.11.2018, S. 1
2 Siehe dazu: Wirtschaftsprüfer BDO will an Grant Thornton vorbei, Börsen-Zeitung, 27.11.2018, S. 12
4 Siehe dazu: Veranstaltung der Europäischen Kommission vom 30.11.2018 „The future of corporate reporting in a digital & sustainable economy“, https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/finance-events-30112018-programme_en.pdf
5 Siehe dazu: Carillion collapse to cost taxpayers £ 148m, BBC News, 07.06.2018; https://www.bbc.com/news/business-44383224;
6 Siehe dazu: EU-Verordnung Nr. 537/2014 zur Abschlussprüfung (ABl. EU Nr. L158 vom 27.05.2014, S. 77; L 170 vom 11.06.2014, S. 66) sowie EU-Richtlinie 2014/56 (ABl. L 158 vom 27.05.2014, S. 196)