Aus der jüngsten Arbeit des EU-Parlamentes sind zwei Dinge hervorzuheben:
- Zum ersten Mal ist mit Roberta Metsola – aus Malta, an ihrem 43. Geburtstag – eine Frau Parlamentspräsidentin geworden. Dies mit einem überzeugenden Wahlergebnis.
- Das Parlament hat den Entwurf des sog. Digital Services Act (DSA) verabschiedet, der die Grundrechte von Marktteilnehmern im Internet durchsetzen soll.
Hervorzuheben ist, dass der DSA nicht im sog. Richtlinienverfahren eine Direktive für die Mitgliedstaaten darstellt, sondern nach finaler Beschlussfassung unmittelbar geltendes Recht in Europa wird!
Die Vorgaben des DSA gelten für alle Unternehmen und Personen, die Online-Dienste im europäischen Binnenmarkt anbieten. Dazu zählen selbstverständlich alle Internet-Anbieter, Cloud- und Webhosting-Dienstleister, Registrierungsstellen für Domaines, soziale Netzwerke, App-Stores, Online-Marketing-Plätze etc. Wo ein Unternehmen seinen Sitz hat, spielt dabei keine Rolle. Es gilt jedoch der Grundsatz: Je größer die IT-Plattform und je größer ihre Reichweite, desto strenger wird die Regulierung ausfallen. Und wer sich nicht an die Regeln hält, wird mit empfindlichen Strafen rechnen müssen.
In der Praxis bedeuten die Regelungen des DSA zum Beispiel Folgendes:
- Die unautorisierte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke ist verboten.
- Plattform-Betreiber müssen alle illegalen Aktivitäten „ohne angemessene Verzögerung“ sperren und bei schweren Verstößen an die Strafverfolgungsbehörden melden.
- Unternehmen müssen die Funktionsweise von Algorithmen transparent machen, die hinter sog. Empfehlungssystemen stehen.
- Die Verwendung personalisierter Werbung wird nennenswert eingeschränkt.
- Die Verwendung sog. Cookies zum Tracking auf einer Plattform muss ausdrücklich genehmigt werden.
- Es soll ein Recht auf Anonymität geben, um eine geschützte, anonyme Nutzung und Bezahlung von Diensten zuzulassen.
Für die Konsumenten ergibt sich also ein deutlich höherer Schutz für die Nutzung und die Arbeit im Internet.
Die Haftung der Unternehmen wird nicht grundlegend geändert.
Allgemein wird man sagen können, dass nach den lang anhaltenden Debatten um die vorstehenden Punkte die EU nunmehr global Vorreiter ist für die Regulierung der Online-Plattformen. Die Bekämpfung illegaler Dienstleistungen und Warenangebote oder sonstiger unangemessener Inhalte im Internet wird maßgeblich verbessert.
Bei aller Euphorie über den Inhalt der Initiative stellt sich die Frage, wie später die Mitgliedstaaten die Einhaltung des Gesetzes überwachen und Verstöße sanktionieren können.
Es muss dazu sicherlich systematische Maßnahmen geben; ein Vorgehen nach dem Motto „Wo kein Richter, da kein Kläger“ würde das Gesetz ad absurdum führen.
Der DSA ist Teil des im Dezember 2020 von der EU-Kommission vorgeschlagenen Digital Package; der zweite Teil, nämlich das Gesetz über digitale Märkte, soll in erster Linie die Marktmacht der Medienriesen wie Google oder Facebook begrenzen.
Eine strikte Regulierung des Online-Marktes ist ein herausragendes Ziel Frankreichs im Rahmen seines derzeitigen Ratsvorsitzes. Nach Vorstellung der französischen Regierung sollen beide Gesetze noch im ersten Halbjahr 2022 final verabschiedet werden.