Wird ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber vorübergehend zu Tochterunternehmen oder Betriebsstätten ins Ausland entsandt, bleibt dessen Wohnsitz in Deutschland häufig bestehen. Deshalb hat der Arbeitnehmer sein Welteinkommen weiterhin in Deutschland zu versteuern. Das im Ausland erzielte Arbeitseinkommen wird aber in den meisten Fällen aufgrund bestehender Doppelbesteuerungsabkommen von der deutschen Steuer freigestellt. Es wird allerdings bei der Ermittlung des Steuersatzes für die übrigen deutschen Einkünfte des Arbeitnehmers berücksichtigt (sog. Progressionsvorbehalt).
Der Arbeitnehmer erhält häufig umfangreiche Zusatzleistungen, etwa für Heimflüge oder die Wohnung vor Ort. Die Versteuerung dieser Leistungen hängt wesentlich davon ab, wo sich die erste Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers befindet.
Liegt die erste Tätigkeitsstätte unverändert im Inland, so stellen die Erstattungen für Heimflüge und die Wohnung im Ausland in der Regel einen steuerfreien Ersatz von Werbungskosten dar und erhöhen somit nicht den Steuersatz in Deutschland.
Etwas anderes gilt, wenn sich die erste Tätigkeitsstätte im Ausland befindet. Dies ist nach Auffassung des Finanzgerichts Niedersachsen vom 19.4.2018 dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer dem Direktionsrecht des ausländischen Unternehmens unterliegt. Die Erstattungen des Arbeitgebers sind dann kein Ersatz von Werbungskosten und deshalb in die Steuersatzermittlung in Deutschland einzubeziehen.
Gegen das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen wurde Revision eingelegt, sodass die Entscheidung des Bundesfinanzhofs abzuwarten bleibt. Vergleichbare Fälle, in denen die Erstattungen des Arbeitgebers zu einer Erhöhung des Steuersatzes geführt haben, sollten durch Einspruch und Antrag auf Ruhen des Verfahrens offen gehalten werden.